Die Frage nach dem, was den Konservatismus ausmache, begleitet seine Geschichte seit den Anfängen konservativen Denkens im späten 18. Jahrhundert. Die gegenwärtige kontroverse Debatte über den Konservatismus hat eine lange Geschichte. Wie keine andere der bestimmenden politischen Ideologien der Moderne scheint sich der Konservatismus definitorischen Festlegungen zu entziehen, und tatsächlich zeichnete er sich stets durch inhaltliche Flexibilität und immense Wandlungsfähigkeit aus – verteidigten Konservative in Deutschland über lange Zeit die Monarchie, wurden sie nach 1918/19 zu Vordenkern der Diktatur oder traten nach 1968 als Anwälte der Demokratie auf. Auch wenn das Argument, dass der Konservatismus keine Ideologie besitze und allein in der Lebenspraxis verankert sei, seit je zum Grundbestand eines konservativen Selbstverständnisses gehört, trugen Intellektuelle zur Formulierung dessen, was zu bestimmten Zeiten als „konservativ” verstanden wurde, entscheidend bei. Auch dies gehört zu den vielen Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten, die den Konservatismus charakterisieren. Die Übung betreibt eine ideengeschichtliche Archäologie des Konservatismus im 20. Jahrhundert, von der langen Jahrhundertwende bis in die 1990er Jahre. Im Zentrum stehen die zentralen Texte konservativen Denkens in Deutschland, die historischen Kontexte ihrer Entstehung, ihre Rezeption und Interpretation und damit auch die konservative Kanonbildung. Daneben werden Modelle diskutiert, die in Politik- und Geschichtswissenschaft zur Beschreibung der politischen Ideologie entwickelt wurden. „Was ist eigentlich konservativ?”, dieser Frage, die nicht nur das bekannte Forum in der Zeitschrift „Der Monat” 1962 stellte, versucht die Übung auf die Spur zu kommen.